Impressions / Impressionen: |
|
|||||
Auszug aus der Zusammenfassung
von Markus Golser / Kunsthistoriker über die Werke von Andreas Barth: Andreas Barth verfolgt einen konzeptuellen
Ansatz. Ausgangspunkt seiner grafischen und plastischen Arbeiten sind oft
zeitgeschichtliche Begriffe zu politischen, gesellschaftlichen oder medialen
Themen. Diese hinterfragt und ironisiert er durch teils abstrahierende, teils
konkretisierende Umsetzung. So wird etwa in „Digitaler Fingerabdruck“ die
vergrößerte Lineatur eines Fingers aus schwarzen Linien gebildet, die sich
bei näherer Betrachtung als binäre Zahlenreihen der auf Nullen und Einsen
beschränkten Computersprache entpuppt. Da sich „digital“ vom lateinischen
„digtus“ (Finger) herleitet, wird der „digitale Fingerabdruck“ (=ein den
Finger betreffender Fingerabdruck) als Pleonasmus – entsprechend einer runden
Kugel oder einem alten Kreis – enttarnt. In „Zerreißen“ wird die Überbevölkerung der
Welt durch zahlreiche Nägel symbolisiert, die als unregelmäßige Struktur die
Kontinente abbilden. Die weiß grundierte, von horizontalen und vertikalen
Rissen durchzogene Leinwand wird durch die Nägel nicht nur perforiert,
sondern in Ihrer Zerrissenheit fixiert und stabilisiert. Auf der formalen Ebene
erinnert die Arbeit an minimalistische Werke der 1960er-Jahre wie die
Nagelbilder Günther Ueckers oder die aufgeschlitzten bzw. durchbohrten
Leinwände Lucio Fontanas. Deren rein formaler Zielsetzung – die Sensibilisierung des
Betrachterblicks – ergänzt Andreas Barth durch die inhaltliche Komponente
geopolitischer Stellungnahme. Auch
autobiographische Notizen fügt er in die minimalistische Primärstruktur des
Würfels. Unzählige Figuren aus Überraschungseiern verkörpern als „Glücksspiel
Kindheit“ die Zufälligkeiten unserer Herkunft, die Unwägbarkeit unserer
Sozialisation. In „Was ist mehr wert?“ stehen über 2000 Kronkorken für die
einsam oder in trauter Runde bei einem tröstenden oder geselligen Bier – der
Künstler bevorzugt offenkundig Beck´s – verbrachten Stunden. Jener
„Scherbenhaufen“, als den wir unser Leben bisweilen empfinden, wird zur
fragilen Glascollage. Nicht zufällig an dieser Stelle sei auf die
handwerkliche Präzision aller in der Ausstellung vertretener Arbeiten
verwiesen. Andreas
Barths Arbeiten verstehen sich nicht als primär ästhetisch motiviert, sondern
vielmehr als Sichtbarmachung einer Idee. Dies wird unter anderem dadurch
verdeutlicht, dass zahlreiche Grafiken mittels Stempel entstehen. Der
Künstler tritt als Individuum zurück, indem das Bild auf einen persönlichen
Duktus, eine Handschrift verzichtet. Zugleich thematisiert er die – auch von
anderen zeitgenössischen Künstler – gestellte Frage, wie original ein
Original zu sein hat. Im letzten Werk einer dreiteiligen Grafikfolge findet
sich in unzähligen Stempelabdrücken das Wort „Kopie“. Diese wird für den
Titel gebenden „Qualitätsverlust“ verantwortlich gemacht. Der Aspekt des
Verblassens wird auch am Farbverlust der Stempelungen sichtbar. Die
Thematik von Globalisierung und Digitalisierung prägt eine umfangreiche
Werkserie, die auf Reisen entstandene Fotografien in Bar- bzw. QR-Codes
überführt. Dabei wird das Ausgangsmotiv entsprechend der Unterteilung einer
digitalisierten Textmitteilung strukturiert, indem das Foto teils als
Positiv, teils als Negativ erscheint – entsprechend den schwarzen bzw. weißen
Flächen des Codes. Decodiert nennt dieser den aufgenommen Ort. Bildinhalte
und Bildtitel sind somit identisch. Diese – für unsere Zeit typische –
Informationsflut entzieht sich jedoch der Lesbarkeit. Die Fotografien werden
bei der Überführung in Codes zur Unkenntlichkeit verfremdet, die Codes durch
den Kontrastreichtum der Fotos für digitale Geräte unlesbar. Ein Mehr an
Informationen wird zu einem Weniger an Erkenntnis... Als
„Spiel mit dem Feuer“ bezeichnet er ein Schachbrett, dessen schwarze Felder
aus verkohlten Holzquadraten gebildet werden. Anregungen hierfür war das
bizarre Verhalten des nordkoreanischen Herrschers Kim Jong-Un, in dessen
fortwährenden Kriegsdrohungen irrationales und strategisches Handeln kaum
voneinander zu trennen sind. In
welchem Maße Andreas Barth seine Arbeiten als Verkörperung einer Idee
versteht, die sich in unterschiedlichen Medien niederschlagen kann, zeigt
sich auch an der bemerkenswerten Entscheidung, bei der Preisgestaltung seiner
Werke eine identische Summe zu veranschlagen. Ein potenzieller Käufer bezahlt
für ein gedankliches Konzept – unabhängig von dessen Sichtbarmachung mittels
Grafik oder dreidimensionalem Objekt. |
|
|
||||
|
|
|
||||
|
||||||
|
|
|||||
|
|
|
||||
|
|
|
|
|||
|
|
|
|
|||
|
|
|
|
|||
|
|
|
||||